Was Sebastian Kurz mit der Jungen ÖVP als Demokratiepaket präsentiert hat, ist ein grundsätzlicher Neustart: Mehr Demokratie, einfachere Bürgerbeteiligung und völlige Transparenz. Die Eckpunkte gleichen einer kleinen Revolution:
- Erfolgreiche Volksbegehren führen verpflichtend zu verbindlichen Volksabstimmungen
- Steuerzahler können über die Verwendung von zehn Prozent ihrer Einkommenssteuer direkt entscheiden
- 100 Nationalratsabgeordnete werden direkt gewählt
- E-Voting auch bei direkter Demokratie
- Öffentlicher Zugang zu offiziellen Unterlagen
- Direktwahl von EU-Kommissionspräsident und EU-Rat durch die Bürger
- Hearing und Wahl von Regierungsmitgliedern
Mit einem derart radikalen Neustart kann es gelingen, das verlorene Vertrauen der Bürger in die Demokratie zurück zu gewinnen. Sebastian hat sich damit einmal mehr als DIE Zukunftshoffnung der ÖVP präsentiert. Schon ewig habe ich keinen ÖVP-Politiker mehr erlebt, der in- und außerhalb der Partei auf derart ungeteilte Zustimmung stößt. Und das liegt sicher nicht nur an ihm, sondern auch an seinem hervorragenden Team.
Freilich, durch Lobhudelei allein kommen wir nicht weiter. Sebastian ist ein absoluter Shooting-Star, aber wenn sich der Großteil der ÖVP zurücklehnt und in Jammerei über schlimme Umfragewerte, mieses Image und böse Medien ergeht wird uns das auch nicht weiter helfen. Sebastian ist ein wichtiger Hoffnungsschimmer in einer schwierigen Zeit. Sorgen wir dafür, dass er nicht alleine bleibt. Denn die ÖVP sind wir alle!
Bitte verzeih mir meine Skepsis gegenüber krampfhaft hochgejubelten Wunderwuzzis. Was aus dem jugendlichen „besten aller Finanzminister“ und „Schwarm aller Schwiegermütter“ geworden ist, ist ja bekannt. Und wie sollte ausgerechnet eine ausgesprochen junger, rundum versorgter und mit 0 Lebenserfahrung ausgestatteter Mann der Partei die verlorene Bodenhaftung wieder zurückgeben können?
Zu den einzelnen Vorschlägen:
— verbindliche Volksabstimmung —
Wer bestimmte, welche Themen zugelassen werden? Wer schützte die Minderheiten? Im Endeffekt würde man wohl nur über Sachen abstimmen dürfen, die den Drahtziehern nicht gegen den Strich gehen. Aber gut, wenn´s ehrlich gemeint ist, kann man diesen Punkt ausdiskutieren und zu einer Lösung kommen.
— Stuerzahler entscheiden über 10% —
Das ist eine von Populismus (im negativem Sinn des Wortes) getragene Nullnummer sondergleichen. Der Anteil dieser 10 Prozent an den gesamten Staatsausgaben ist ja so gering, dass sich überhaupt nichts ändern würde. Selbst wenn alle Steuerzahler in eine Richtung tentieren würden, könnte das ganz locker im Budget umgeschichtet werden.
Viel wichtiger wäre ein sorgsamer Umgang mit Steuergeld…
— 100 Nationalratsabgeordnete direkt gewählt —
Ich bezweifle, dass das etwas bringen würde, und denke, dass dann nur noch mehr Bauchredner im Parlament sitzen würden.
„100 Nationalratsabgeordnete sind genug“, wäre ein besserer Slogan…
–E-Voting —
Da hat der Gute etwas vergessen. Es gehörte dazugesagt, was wir dann weglassen würden: die geheime, freie Wahl oder die Sicherung gegen Wahlbetrug. Beides zusammen ist beim E-Voting nämlich nicht möglich.
— EU-Kommissionspräsident und EU-Rat —
Die ganze Kommission müsse gewählt und (wesentlich verkleinert) zu einer echten EU-Regierung aufgewertet werden. Der EU-Rat kann als eine Art „Länderkammer“ so bleiben wie er ist. Ãœber das Machtverhältnis zwischen Kommission und Rat müsste dann halt diskutiert werden.
— Hearing und Wahl von Regierungsmitgliedern —
Viel wird´s zwar nicht bringen, aber das kann man machen. Schaden wird´s nämlich auch nicht. Aber auch hier wird sich die Frage stellen, wer das Hearing dann abhalten soll. Eine gewisse Gefahr besteht da ja schon, dass das Ganze dann in eine augenauswischerische Verarschung ausartet…